Rückblick Fachtagung 2024
Fachtagung Kita- und Schulverpflegung Niederbayern

Für die Gesundheit und das Wohlbefinden, aber auch für die Prägung des Essverhaltens von Kindern und Jugendlichen sind gemeinsame Mahlzeiten in Schule und Kita von hoher Bedeutung. Regionalität und Nachhaltigkeit spielen dabei, ebenso wie der digitale Wandel, eine immer größere Rolle.

Die rund 60 Teilnehmer der diesjährigen Fachtagung am 25. April 2024 an der Landvolkshochschule Niederalteich beschäftigten sich daher mit der Frage, wie künftige Generationen für die Zukunft fitgemacht und bestmögliche Rahmenbedingungen für die Verpflegung in Kitas und Schulen geschaffen werden können. Die geladenen Referenten zeigten Chancen und Möglichkeiten, die der Wandel in der Verpflegung mit sich bringt.

Tagungsunterlagen für Teilnehmer im Nachgang
Die Vorträge und Präsentationen stehen für die Tagungsteilnehmer zum Nachlesen zur Verfügung, soweit sie uns von den Referentinnen und Referenten überlassen wurden. Die Urheberrechte an den Unterlagen sind zu beachten; sie liegen in der Regel bei den Autoren.

Gemeinschaftsverpflegung: Geschichte, Gegenwart, Herausforderung

Dr. Esther Gajek

Dr. Esther Gajek

Dr. Esther Gajek, Kulturwissenschaftlerin an der Universität Regensburg, stellte in ihrem Vortrag in Streiflichtern die Entwicklung unserer Essgewohnheiten vor, die durch die Geschichte und Erfahrungen über Generationen hinweg geprägt sind. Essen sei kultureller Akt und zentrales Grundmuster der Ernährung, betonte Gajek. Sie bemerkte, dass die Gemeinschaftsverpflegung heute mit Blick auf den gegenwärtigen Wandel noch stärker als bereits bisher unter Druck steht. Nach dem Wunsch der Politik solle sie eine Schlüsselrolle spielen, gesunde und nachhaltige Ernährung für die Menschen in Deutschland zu ermöglichen.
Des Weiteren ging sie auf Herausforderungen und Chancen in der Kita- und Schulverpflegung ein, die sich aus den vielfältigen Rollen ergeben. In diesen stellt sich die Gemeinschaftsverpflegung als Ort der Tischgemeinschaft, als Chance für das Erlernen von Essenszeiten und Chronologie, als Ort der Gestaltung und Ernährungsbildung, als kultureller Akt, als Ort des Verwirklichens von Individualität, als Pull-Faktor, als Erlebnisraum, als Ort der Integration und als Möglichkeit der Umsetzung von Ernährungstrends dar. Eine starke Gemeinschaftsverpflegung sei daher alternativlos, gerade aus gesundheitspolitischen und sozialen Gründen, so ihr Fazit.

Künstliche kulinarische Intelligenz - digitaler Wandel in der Gemeinschaftsverpflegung

Hendrik Haase, Berlin

Hendrik Haase, Berlin

Publizist und Kommunikationsdesigner Hendrik Haase, der per Video aus Berlin zugeschaltet war, zeigte, wie digitale Technologien nicht nur die Küchenpraxis, sondern auch die Ernährung und Essgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen beeinflussen. Er appellierte an die Zuhörer, digitale Chancen zu nutzen, gleichzeitig aber auch den Zugang zur realen Welt zu wahren. Essen könne hier über lange Sicht als analoger Anker fungieren.
Esskultur 4.0

Der Referent definierte den Begriff „Esskultur 4.0“ als künstliche kulinarische Intelligenz, die online verfügbare Food-Daten smart, personalisierbar und vorhersagbar macht. Für die Generation Z gehört das regelmäßige Teilen ihrer Mahlzeiten auf Social Media zum Alltag. Food-Blogs, Koch-Apps und Food-Communities sind in ihrem Leben fest etabliert. Ganze 91 Prozent begegnen demnach ernährungsbezogenen Inhalten in sozialen Medien. Über die Hälfte holt sich dabei Inspirationen zu Lebensmitteln auf TikTok. 31 Prozent der Gen Z fotografieren und posten ihr Essen, wenn sie auswärts essen. Wie der Referent weiter erläuterte, seien die meistgenannten Gründe dafür: Weil es besonders lecker ist, weil es besonders schön aussieht oder weil sie es selbst gekocht haben.

Teil der eigenen Identität

Ein Großteil dieser Generation sieht Essen indes als wichtigen Teil der eigenen Identität. Leider gehöre zur Zeitenwende beim Essen aber auch, dass die große Mehrheit während der Mahlzeiten auf irgendeinen Bildschirm starrt. Hendrik Haase gab seinen Zuhörern außerdem einen Einblick in die Möglichkeiten, die sich mit KI und Chat GPT ergeben, wie etwa die Analyse der Gesundheitsförderung eines fotografierten Gerichtes oder auch Menüvorschläge aus fotografierten Lebensmitteln.

Essen als analoger Anker

Trotz des möglichen Verlustes der Esskultur, Abhängigkeit und eines Kontrollverlustes durch Technologien, seien als Vorteile und Chancen mehr Lebensmittelsicherheit, Gesundheit und Nachhaltigkeit sowie eine Reduzierung der Lebensmittelverschwendung durch präzisere Zutatenbeschaffung zu sehen. Gerade auch in Zeiten des Fachkräftemangels könnten KI-gesteuerte Systeme in Zukunft durchaus eine Alternative sein. "Wir erleben derzeit einen digitalen Paradigmenwechsel, die grundlegenden Rahmenbedingungen ändern sich", so Haase.
Sein Appell lautete: "Wir dürfen die Kinder nicht in die digitale Welt verlieren. Essen kann hier ein analoger Anker sein."

Foren

In drei Foren wurden am Nachmittag weitere vielfältige Themen der Kita- und Schulverpflegung vertieft.

Forum 1: Zuckerfallen aufgedeckt - Strategien zur Zuckerreduktion in der Gemeinschaftsverpflegung

Ursula Liersch von der Verbraucherzentrale Bayern stellte eine neue Ausstellung zum Thema 'Zuckerfallen aufdecken' vor. Sie erklärte, wo sich dieser in Lebensmittel versteckt und wie er sich erkennen lässt. Im Anschluss erarbeiteten die Teilnehmer gemeinsam Strategien zur Zuckerreduzierung für die Gemeinschaftsverpflegung.

Forum 2: Bildungssituation Mahlzeit in Kita und Schule

Nach einem Impuls von Jutta Semmler rund um das Thema 'Bildungssituation Mahlzeit in Kitas und Schulen' standen mögliche Ansätze für die Begleitung von Mahlzeiten mit Kindern und Jugendlichen im Fokus. Auch gesundheitsförderliche Ernährung soll durch gemeinsames Essen erfahrbar werden. Des Weiteren werden Sozial- und Alltagskompetenzen gefestigt und Essgewohnheiten entwickelt.

Forum 3: Praxisberichte: Kommunikation als Basis für gute kindgerechte Speiseplangestaltung

Wie so eine gesundheitsförderliche, nachhaltige und kindgerechte Verpflegung gelingen kann, zeigte Hildegard Zißler, Küchenleiterin am Institut für Hören und Sprache, dessen Verpflegung teilweise biozertifiziert ist, auf. Als wichtige Punkte nannte sie klare feste Bestellmodalitäten, Eingehen auf Wunschessen und Reduzierung des Fleischanteils im Speiseplan. Damit dieser kindgerecht gestaltet werden kann, bedarf es auch einer guten Kommunikation, klarer Absprachen und einer präzisen Leistungsbeschreibung für Speisenanbieter, wie Angela Dreier darlegte. Hier kann ein Essensgremium ebenso hilfreich sein, wie konkrete Ansprechpartner oder klare Strukturen, wie etwa durch Rückmeldebögen.

Ansprechpartnerinnen für die jährliche Fachtagung

Angela Dreier
AELF Abensberg-Landshut
Klötzlmüllerstraße 3
84034 Landshut
Telefon: 0871 603-1304
Fax: 09443 704-1155
E-Mail: poststelle@aelf-al.bayern.de
Eva Kristlbauer
AELF Abensberg-Landshut
Klötzlmüllerstraße 3
84034 Landshut
Telefon: 0871 603-1311
Fax: 09443 704-1155
E-Mail: poststelle@aelf-al.bayern.de